Offener Brief zur Verhinderung des geplanten Abschiebezentrums am BER

Offener Brief zur Verhinderung des geplanten Abschiebezentrums am BER

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Woidke,
sehr geehrte Frau Lange, sehr geehrte Frau Nonnemacher, sehr geehrter Herr Stübgen,
sehr geehrte Damen und Herren,


„Brandenburg ist ein weltoffenes und solidarisches Land.“
So steht es in dem ersten Satz des Ayslkapitels im Koalitionsvertrag.
Für uns heißt das nicht, solidarisch mit Profitinteressen und offen gegenüber menschenverachtenden Abschiebemethoden und dubiosen Hintergrundgesprächen zu sein.


Dieser Brief ist ein Appell, eine Forderung und eine dringende Bitte an alle Koalitionsparteien, sich an diesen Grundsatz des Koalitionsvertrages zu halten, um sowohl Menschlichkeit als auch Stabilität und Verlässlichkeit im Brandenburgischen Regierungshandeln zu sichern. Der Bau des geplanten Abschiebezentrums am BER muss unter allen Umständen verhindert werden. Wir fordern den Innenauschuss und alle tagenden Mitglieder dazu auf, den Bau des Abschiebezentrums abzulehnen.


Mit dem geplanten Abschiebezentrum am Flughafen BER wird das Recht auf Asyl weiter eingeschränkt. Menschen, die Schutz vor Krieg, Verfolgung, Zerstörung und anderen existenziellen Krisen suchen, könnten mitten in der Nacht abgeschoben werden, in Abschiebehaft oder direkt am Flughafen in Ausreisegewahrsam gesteckt werden. Das Flughafenasylverfahren, sowie die geplanten Schnellverfahren, kriminalisieren diese Menschen und bieten Anknüpfungspunkte für institutionelle Rassifizierung und gesellschaftliche Stigmatisierung. Und nicht nur das: es ist zu befürchten, dass Menschen ohne die Chance auf ein faires Verfahren und Widerspruch abgeschoben werden. Das ist schlichtweg menschenunwürdig und wird dem Anspruch der Solidarität und Weltoffenheit nicht einmal ansatzweise gerecht. Statt eines immer perfideren Abschiebesystems braucht es sichere Fluchtrouten über Meer, Luft und Land nach Europa. Unsere Solidarität macht keinen Halt an Grenzen oder aufgrund der Sicherungen von Machtpositionen.


Auch Abschiebungen der bereits in Brandenburg und Berlin lebenden Menschen sollen zukünftig über das Abschiebedrehkreuz durchgeführt werden. Damit droht der BER zum größten Abschiebezentrum Deutschlands zu werden.


Im Koalitionsvertrag steht kein Wort über die Errichtung eines solchen Abschiebezentrums. Ein solches Projekt unter dem Deckmantel einer solidarischen und progressiven Regierung durchzusetzen ist erschreckend. Der Unwille seitens der CDU und SPD, von ihren menschenfeindlichen Absichten abzukehren, ist für uns sehr alarmierend. Der Unwille von Bündnis 90/die Grünen, sich für Ihre vermeintlichen Werte einzusetzen und ihr Versprechen, kein Abschiebezentrum zuzulassen, zu halten, ist für uns mehr als enttäuschend. Eine Partei, die für humane Asylpolitik stehen möchte, darf den Bau eines Abschiebezentrums nicht mittragen.


Wir wollen in keinem Land leben, in dem im Laufe der kommenden 30 Jahre mehr als 470 Millionen Euro an den vorbestraften Investor Jürgen Harder durch Mieteinnahmen gehen. Diese Millionen braucht das Land dringend für echte Integration, die Stärkung von sozialen Projekten und Klimaschutzmaßnahmen.


Wir erwarten, dass in Brandenburg gesellschaftlicher Teilhabe, Bleiberechtsmöglichkeiten und rechtsstaatliche Asylverfahren vor Isolation und faktischer Inhaftierungen stehen. Außerdem erwarten wir, dass der Prozess rund um die Entstehung des Abschiebezentrums aufgearbeitet und ab sofort maximale Transparenz sichergestellt wird. Weiterhin steht für uns eine offene Kommunikation mit zivilgesellschaftlichen Aktuer*innen, wie beispielsweise dem Flüchtlingsrat Brandenburg oder der Caritas im Vordergrund.


Wir fordern deshalb alle Mitglieder des Landtages dazu auf:

  1. Den Bau des Abschiebezentrums unter allen gegebenen Umständen in der Koalition zu verhindern.
  2. Die öffentliche Verurteilung aller Beteiligten an dem undemokratischen Prozess, was sich in der letzten Wahlperiode und bis jetzt abspielt, vollständig aufzuklären.
  3. Das Integrationsbudget auf 20 Millionen Euro anzuheben.
  4. Weitere Stellen für die Unterstützung der Migrations- und Integrationssozialarbeit zu schaffen.
  5. Umfassende unabhängige Untersuchung zu Rassismus in der Polizei durchzuführen, alle potenziellen Fälle lückenlos aufzuklären und Schlussfolgerungen zuziehen, wie Racial profiling auch durch disziplinarische Maßnahmen zukünftig unterbunden werden kann.
  6. Mehr in Bildungs- und Aufklärungsarbeit zu investieren, die für das Thema struktureller Rassismus in unserer Gesellschaft sensibilisieren.

In Zeiten von multiplen Krisen brauchen wir auf der ganzen Welt konsequente Solidarität mit allen Menschen, die sich in Not befinden. Deshalb fordern wir Sie dazu auf, die Politik endlich auf ein solidarisches und weltoffenes Brandenburg auszurichten und dieses Ziel unter allen Umständen zu verfolgen.


Kein Mensch ist illegal. Kein Mensch flüchtet freiwillig. Daher dürfen Menschen unter keinen Umständen abgeschoben werden. Stoppt das Abschiebezentrum!

Mit solidarischen Grüßen,

Linksjugend [’solid] Brandenburg,
GRÜNE JUGEND Brandenburg,
Wir packen es an e.V.
Seebrücke Potsdam